Schloss Otranto, Edition Faust

Begierde hinter düsteren Mauern

Anno 1764 verfasste der britischen Schriftsteller Horace Walpole seinen Roman "The Castle of Otranto" und begründete damit nichts Geringeres als die Gattung der "Gothic Novel" - in deutschen Landen eher unter dem Begriff "Schauerroman" geläufig. Im Gegensatz zu den weit verbreiteten literarischen Schriften der Aufklärung, widmete sich Walpole übernatürlichen Erklärungen irgendwelcher Vorgänge zu und könnte damit sogar als einer der Vorläufer der späteren Literaturepoche der Romantik bezeichnet werden.

Neben der literaturgeschichtlichen Bedeutung ist aber auch die Geschichte selbst nicht ohne Faszination: Auf Schloss Otranto (wer hätte es gedacht...) residiert der Herrscher Manfred, der seinen stets kränklichen Sohn Conrad mit einer hübschen Braut vermählen lassen möchte. Doch ein tragischer Zwischenfall schiebt sämtlichen Plänen einen Riegel vor und die immer finsterer werdenden Gelüste Manfreds, drohen ihm und seiner Familie ein düsteres Schicksal zu bereiten. Was hat der Regent zu verbergen und welche Rolle spielt zudem eine alte Prophezeihung, die vom Ende seiner Herrschaft unter bestimmten Vorzeichen kündet?

Auf den ersten Blick wirkte die Graphic Novel zum ersten Schauerroman schlechthin ein wenig gewöhnungsbedürftig. Der recht expressive und dunkle Zeichenstil ist eigentlich so gar nicht mein Geschmack, aber sobald man sich in der Geschichte verloren hat, offenbart er seinen wunderbaren Reiz, denn er unterstützt die vom Autoren gewünschte Stimmung teilweise exzellent. Die Erzählung selbst ist nicht unnötig komplex, aber auch kein Leichtgewicht und man sollte sich bewusst Zeit zum Genuss nehmen und Ablenkungen minimieren. Wer sich darauf einlässt und ein Faible für das Genre hat, wird den Kauf sicher nicht bereuen.

Atmosphärische Umsetzung eines Literaturklassikers, der hierzulande weitestgehend unter dem Radar fliegt.